Es wird Frühling in diesem Dorf,
die Felder sind aufgedeckt.
Die Sonne leuchtet genauer hin.
Wo sie nicht hinkommt, in den Nischen,
schmoren die üblichen Brocken.
Das Leben der Alten geht in die nächste Runde.
Der Rebschnitt ist abgeschlossen.
Sie gehen auf den Beeten herum und decken etwas zu.
Wenn die Jungen kommen, stehen sie vor verschlossenen Türen,
die Beerdigung ist nicht früher.
Am Nachmittag singen die Vögel gräßliche Lieder.
Der Pfarrer parkt seinen Wagen.
Sie bringen den Sarg zum Grab.
Ein paar Menschen stehen kurz herum.
Anzunehmen, daß ihnen warm ist unter den Mänteln.
DesEsseintes - 28. Feb, 17:18
Blut stürzt die Treppe hinab und schwappt aus dem Kragen.
Die Kühle, die du an der Wange fühlst, ist der Marmor der Fliesen.
Du hast eine Narbe am Hals, die platzt, wenn du darüber rasierst.
Du hast das Rasiermesser lange angedrückt.
Aus der Narbe blutet es vollkommen.
Du hast das Rasiermesser fallengelassen und bist zu Boden gestürzt.
Es ist kein Unglück.
Es ist wunderbar klar.
Du küßt die Fliesen,
küßt ihr kaltes Gesicht.
Schon lange nicht
war alles so nah.
DesEsseintes - 26. Feb, 22:38
Im Regen vorbei fahren die Autos und spritzen gegen die Fenster / Du bist betrunken von gestern / du setzt dich hin, was gelingt dir / rein gar nichts gelingt dir / kein einziger Satz, kein Satz, der was hat / Die Vergleiche, die du machst, hast du woanders gelesen / was du nicht zwingen kannst verschwindet im Nebel / du bringst nichts zusammen, die Metaphern die du auf Lager hast sind alt wie schwarze Bananen / Vergleich dich mit anderen, wie schneidest du ab // Du hast keine Kraft, was bist du nur, du hast keine Gewalt über das was du machst / du bist nicht sonderlich, du hast keinen Witz / wahrscheinlich bist du auch nichts. // Du hast deine Zeit vergeudet mit dem Abgeben von Erklärungen / du hast deine Zeit vergeudet mit Reden / du hast geredet, was jeder verstehen konnte / was von dir kommt ist das dümmste Gerede was sonst // Im Regen vorbei fahren die Autos und spritzen gegen die Fenster / sie verfluchen dich, sie demütigen dich / du bist betrunken von gestern / ihre Metaphern sind besser als in deinem Gedicht.
DesEsseintes - 24. Feb, 14:35
Gelingt es zu bleiben so harre
aus bei den Disteln am schmutzigen Fluß.
Denn?
Hier!
Und der Krebs?
Und der Krebs
hält im Pappbecher
zornige Wohnung.
Und die Sonne?
Und die Sonne
malt bunt ihr Gesicht
im öligen Ufer.
DesEsseintes - 23. Feb, 12:53
Inzwischen riecht hier alles nach Fisch -
daß wir die Wohnung verlassen haben, liegt Tage zurück.
Ausgestreckt auf dem Rücken raten wir nach der Zeit.
Ich stehe auf und gehe auf den Balkon eine rauchen, es dämmert schon wieder.
Die Werbeschriften auf den Hochhäusern werden bemerkbar, die Lichter auf den Hügelketten blinken verläßlich gegen die Flieger.
Im Zimmer zurück zeigt sich auf einmal die Traurigkeit des Glücks.
Du hast dich aufgesetzt und kaust an einem Nußriegel.
Die Handies in den Taschen vibrieren vernehmlicher, die Einschläge kommen näher.
DesEsseintes - 21. Feb, 21:09
Mehrmals geflickt worden. Im Schritt nur von Flicken zusammengehalten.
Dünn. Sehr dünn. Im Kniebereich durchscheinend.
Insgesamt ganz wenig Stoff. Aber die Knöpfe sind wie Knospen völlig intakt.
Ein Unikum. Voller Stolz.
Für eine Hose steinalt.
Schöne Waschung.
Hunderte Waschgänge. Durchgedreht mit den Sachen der Liebsten.
Die Liebe verschwand, die Hose blieb.
Jetzt hat auch sie die Kontrolle verloren und ist von oben bis unten zerrissen.
DesEsseintes - 17. Feb, 12:50
Man nehme zwei Knoblauchzehen, schneide sie klein und brate sie vorsichtig an.
Man gebe drei hauchdünn geschnittene Chili-Schoten dazu ohne Kerne.
Man gebe eine Handvoll Oregano dazu und zwei Teelöffel Salz.
Man übergieße den Matsch mit einem Liter passierter Tomaten und lasse das Ganze zwei Stunden lang köcheln.
Man koche die Nudeln exakt mit viel Salz.
Man nehme geriebenen Käse soviel man will.
Ganz schön scharf!
Man esse mit Tränen.
DesEsseintes - 16. Feb, 15:02
Er meidet das Gedränge
er bewegt sich lieber in der Enge
in der Kerbe des Kanals
der in die Stadtmitte fließt.
Er geht am Betonstrand
er sitzt am Ufer ohne Sand
er taumelt in der betonierten Wanne die Mauer entlang
hinter welcher das Häusermeer liegt.
DesEsseintes - 14. Feb, 22:26