Dieser August hat schleichend begonnen, über ein Wochenende... der erste, der zweite... Montag. Der Verkehr ist darüber leise geworden, die Stadt ist halb leer. In den nächsten Wochen werden an alle Ansichtskarten verschickt werden, von allen Plätzen der Welt... oder Ansichten auf Handies... von Stränden, von Felsen, von Gebäuden aller Art... davor immer diese Traube aus Gesichtern am Stengel eines langen Arms.
Ich gehe vor das Haus. Es gibt jetzt viele freie Parkplätze. Wo tagsüber alle kreisen auf der Suche nach einer Lücke, ist es beinahe still. Ein Türke wäscht sorgfältig seinen Wagen. Ich schaue die Straße hinunter, über die Böschung, über den Fluß... so weit kann man hier sehen... beinahe hinunter zum Horizont. Dort hinten ist es milchig weiß. Es könnte Gewitter geben.
Mein Tag, der beginnt, ist leer und wird befüllt mit Aufgaben. Die Pflanze gießen. An X denken, an Y nicht. Schönschreibübungen. Die Arbeit an der Sprache. Darüber lachen. Gedichte horten. Am Abend: Tischtennis unter der mächtigen Linde im Park. Mehr als hunderttausend Blätter, die uns vor Regen schützen. Wird der Regen stark, stellen wir uns nahe zum Stamm und warten ab. Dann wischen wir den Tisch und spielen weiter. In der Dämmerung, die jetzt von Tag zu Tag früher kommt, mit dem orangeroten Ball, den man dort besser sieht.
Auf dem Nachhauseweg bleibe ich auf einem leeren Platz stehen, hinter der Universität, und schaue nach oben. Wie steht der Mond. Was ist sonst alles zu sehen in großer Ferne. Danach beachte ich meine Position. Wo ich im Innersten stehe. Für gewöhnlich bin ich nicht aufzufinden.
DesEsseintes - 3. Aug, 13:41
Männer hinter der Sandkiste friedvoller Anblick
kennst du die Sanftheit im Gesicht die
Milde schmunzelnden Männergesichts / ja bitte
die bücken sich um Eimerchen Schaufelchen / zumal
backen auch mit ohne Früchte Seestern und Schmetterling graben und furchen das ist eine Burg das ist ein Berg / Graben
darauf pflanzen wir Baum hier
ein Zigarettenstummel geben wir weg
Männer unter sich stumm und dann teilweise
Erklärung: aber ungesund / Schulen auch wieder ein Thema nicht gut genug die Kinder sind so klug meine Kinder / Warten wir noch eine Weile / oh bleiben! Ist alles bereit oder nicht herbeigeströmt Frauen aus der Arbeit geschafft klug genug ob alles bereit ist? Einfach anstrengend. Oder heiß. Oder beides. Bereit?
Eine Runde geht noch eine Minute. Kann gekocht werden oder bestellen? Den Impfpaß liegengelassen. Nachher noch laufen vielleicht. Während ich mich hinsetze. Ehrlich gesagt Männer mit Bauch und dünnen Beinen. Eine Runde laufen Brünhilde. Eher nicht. Eher unattraktiv. Nachher nochmals hinsetzen und arbeiten. Aber was aber. Abgemacht? Wir können das Ganze auch anders regeln.
DesEsseintes - 22. Jun, 11:48
Nichts kommt von dir / stattdessen
schiebe ich nacheinander
Münzen in den Automaten
Münzen aus Papier / ich
habe keine andern / ich glaube
in einem sehr sehr komplizierten Fach
sind alle Antworten
enthalten / nach-
einander schiebe ich
die Münzen in den Schlitz
die beschrifteten
und horche / nichts
rührt sich
nichts raschelt
nichts fliegt
ich gebe auf ver-
mute dass ich keine Antworten krieg.
DesEsseintes - 15. Jun, 23:09
Stählerner Nachmittag / die Hitze ist
erträglich / stoßweise facht der Wind
Frische an auf der Stirn
unter den Achseln
unter den Brüsten
wo das Kleid klebt
Wir sagen gar nichts
Wir fahren im gelben Staub
erst nebeneinander
dann hintereinander
Geliehene Räder
Wir fahren hinein in den Wald
den Weiher entlang
hinaus aus dem Wald
zwischen den Feldern
Erbeer- und Gurkenkulturen
Über die Felder sagst du
Gegenkulturen
über die Dörfer
über den Mond
Aber es ist nur der Laster
der überholt.
DesEsseintes - 12. Jun, 17:15
Ich würde auf dem Rücken liegen
und in die Nacht hinab sehen
und ich würde auf dem Bauch liegen
und hinauf sehen in den Tag
den Wolken folgen
die sich bewegen lassen zwischen den Kontinenten.
Wenn es stürmte, würde ich untertauchen.
Ich würde nicht in die Tiefe hupen
ich würde nicht kommunizieren
daran liegt mir wenig.
Ich würde nicht die Begegnungszimmer aufsuchen
die tiefen Buchten, die Meeresbusen.
Ich würde von einem Ozean in den anderen schwimmen
immer weit draußen
immer ohne Begleitung.
Ich würde den Mund öffnen dabei und einatmen.
Die kleinen Dinger bleiben alle hängen / bestimmt
ein stiller Filtrierer.
DesEsseintes - 9. Jun, 12:54
Vollmondzone
Hof des Mondes
ganz unten:
die Gastgärten beben
brüllende Stimmen schlagen hinauf
bis zu den Simsen
brüllendes Lachen
das Laub der Kastanien fängt es auf
mit müden Fingern / ausgeleuchtet
giftig grün
von in den Stamm gebohrten Leuchtkanonen
Abräumer scheuchen durch die Bänke
reichen den Abwasch durch das Fenster
Mädchen mit Dirndlbrüsten
kippen Biere auf die Tische
Der Sommer hat begonnen wie abgemacht
es ist unmäßig warm
wer jetzt keinen hat ist ein armes Schwein
bleibt besser daheim.
DesEsseintes - 2. Jun, 22:43
Die Anrufe ohne Nummer häuften sich. Jemand rief an und sagte kein Wort. Es kam mir vor, als hörte ich anderen Ende jemanden atmen. Wenn ich es nicht selbst tat, wurde nach einer halben Minute aufgelegt. Das geschah tagsüber, sowie mitten in der Nacht.
Ich fragte sie, ob sie es sei.
Ich fragte ihn, ob er es sei.
Ich fragte alle, mit denen ich eine Rechnung offen hatte.
Alle verneinten.
Darauf wurden die Anrufe seltener und hörten bald auf.
DesEsseintes - 31. Mai, 11:24
So eine Ehe ist ohne Spickzettel
gar nicht denkbar / Einkaufsliste
Strapse im Abendlicht / -beleuchtung
- erregt dich das?
Auf der Welle blinken die Reflexe des unklaren Nachmittags. Es hat zugezogen bevor wir es wußten, die Brut der Fische sinkt zu den Kinderstuben, zu den ausgeräumten Ölfässern im Grunde der Bucht. Die Pappeln und Weiden zeigen silbern die Kehrseite der Blätter, frischer und kälter weht es vom Strom her. Die Kanus eilen im Geplätscher der verschlungenen Arme vorbei am Nistplatz des Adlers, der sich nicht mehr erhebt. Vorm Anlegeplatz steht in der Tiefe der reglose Wels.
DesEsseintes - 26. Mai, 11:31